Vielleicht
kennen sie solche oder ähnliche Argumentationen oder Aufgabenstellungen? Vielleicht sogar in Ihrem
Unternehmen? Ungewollt sind diese Argumente oft Ursache und Hinweise auf Störungen und Konflikte in Unternehmen, Teams und Organisationen. Und, oft sind sie Ausdruck eines grundlegenden Problems: unzureichender oder fehlender Führung der Mitarbeiter durch das Management.
Und was hat Führung mit Mediation oder mediativen Techniken zu tun?
Und was hat Führung mit Mediation oder mediativen Techniken zu tun?
Viele
Mitarbeiter und Teams wollen geführt werden. Für viele ist es ein Bedürfnis, geführt
zu werden. Wenn für sie das Bedürfnis nach Führung erfüllt ist, bedeutet das, dass sie sich gut und vor allem sicher fühlen. Für sie ist es wichtig zu wissen, wie sie etwas machen sollen. Sie erwarten diese Klarheit, die Struktur und Ordnung, die Informiertheit als Autorität an der sie sich orientieren. Sie
vermeiden für sich bewusst die Risiken, die mit der Übernahme von Verantwortung
für Mitarbeiter, Teams oder komplexe Prozesse verbunden sind. Gleichzeitig ist für sie Führung ein Ausdruck von Respekt und Wertschätzung. In diesem Sinn ist Führung ein wesentlicher Baustein um im Team souverän mit Konflikten umzugehen und Streitigkeiten zu vermeiden.
Führung
ist eine wichtige Voraussetzung, dass sich Teams selbst organisieren und
eigenverantwortlich arbeiten können. Ohne Führung können Teams und Mitarbeiter ihre
Position im Gesamtsystem, im Unternehmen, ihre Grenzen, ihre „Schnittstellen“
und die Erwartungen der Anderen an ihr Handeln nicht bestimmen. Sie sind dazu
auf klare Anweisungen ihrer Führungskräfte angewiesen. Fehlt diese Klarheit in den Anweisungen ihrer Führungskräfte führen diese oft zu Mißverständnissen, Störungen und letztlich zu Konflikten. Typischer weise sind es solche Aussagen wie :“ … mach das bitte anders!“ „… so geht das gar nicht!“ „… wir machen das
hier ganz anders!“ die die Empfänger (völlig) demotivieren und verwirren. Wie
das?
Jede Anweisung, die keinen klaren Fokus (was soll der Empfänger machen) enthält, erfordert eine Interpretation. Und oft wird sie fehlinterpretiert werden. Neben der Möglichkeit diese Aussage inhaltlich zu interpretieren, enthalten alle diese Botschaften eine mehr oder weniger deutliche Wertung! Diese Wertung wird sehr viel eher als der inhaltliche Teil der Bitte oder Botschaft gehört, wahrgenommen und interpretiert. So wird eine scheinbar sachliche Bitte von dem Empfänger schnell als Angriff gegen ihn (persönlich) gewertet. Die Frage ist dann nur, wie intensiv er sich gegen einen solchen (von ihm vermuteten) Angriff wehrt.
Beobachten Sie einmal, wie oft eine Bitte oder Anweisung keinen klaren Fokus beinhaltet und wie oft sie (bewußt oder unbewußt), mit einer Wertung verbunden ist. Wahrscheinlich werden Sie erstaunt sein, wie schwer es ist, eine Bitte oder Anweisung, klar, handlungsorientiert (fokussiert) und ohne jede Wertung zu formulieren. Vor allem dann, wenn Sie mit dem vorherigen Handeln dessen, an den sich Ihre Botschaft richtet, nicht einverstanden waren.
Und genau
hier sehe ich die Aufgabe einer Führungskraft. Als Führungskraft
muß ich solche Störungen erkennen, die die Mitarbeiter, Partner oder Kunden hindern sich
für ihre Aufgabe, für ihre Ziele einzusetzen. Als Führungskraft sollte ich
ihnen zeigen oder sagen, welches Handeln ich in meiner Verantwortung für eine
Situation, einen Prozess, ein Unternehmen, ein Team oder eine Organisation von ihnen erwarte. In diesem Sinn sind Führung
und Anweisungen Teil der Verantwortung der Führungskraft für ihr Team und
ihren Prozess. Auch
das Prinzip der Freiwilligkeit in der Mediation, entbindet Führungskräfte nicht
von dieser Verantwortung für ihre Mitarbeiter und Prozesse. In diesem Sinn ist
es auch durchaus sinnvoll und hilfreich, für das Team die Entscheidung zu
treffen und die Teilnahme an einer Mediation anzuweisen.
Ein Beispiel:
Die
Geschäftsführung eines Lebensmittelherstellers wollte in einem ihrer
Konzernbetriebe die Eigenverantwortung und Selbständigkeit ihrer
Mitarbeiter stärken. Dazu räumt die Geschäftsführung dem Schichtleiter, den
Maschinenführern und den Mitarbeitern mehr Spielräume und mehr
Entscheidungsfreiheit ein.
Nach einiger
Zeit stellt die Geschäftsführung fest, dass eines der Teams, am Ende seiner
Schicht, bewußt die Parameter ihrer Anlage verstellt. Die Folgeschicht braucht
so eine längere Vorbereitungszeit. Die Erklärung des Teams ist, man will
verhindern, dass die andere Schicht, die sich nie an die Vorschriften hält,
mehr verdient als man selbst, der alle Vorgaben immer strikt einhält. Die
Geschäftsführung untersagte diese „Spielchen“ und drohte mit einer
Abmahnung. Das andere Team und dessen Schichtleiter wurden nicht in den
Klärungsprozess einbezogen. Zum einen, arbeiten diese eigenverantwortlich,
zum anderen gab es auch qualitativ und hygienisch keinen Anlass zu Gesprächen
oder gar Beanstandungen. Die Störungen
hörten auf. Für fast 4 Wochen. Dann wurde deutlich, dass an Stelle der
offenen Störung, verdeckten Schikanen getreten waren. Auch die Maschinen
wurden wieder manipuliert. Einer der Maschinenführer
sagte:„ … Ich brauche hier nicht mehr Freiheiten. … Ich will wissen, was
ich machen darf, und das nicht. Ich brauche klare Grenzen. Wozu brauche ich
einen Schichtleiter, wenn ich jetzt doch alles allein entscheiden soll?“
Wie würden Sie den
Konflikt lösen? Wie würden Sie als Führungskraft entscheiden? Arbeitsrechtlich?
Tatsächlich liegt die Versuchung nahe, solche und ähnliche Konflikte auf einem
arbeitsrechtlichen Weg zu lösen. Die Geschäftsführung entschied anders. Sie
ordnete eine Klärung an. Nach der Konsultation mit einem Mediationsbüro wurden
die Teams und Führungskräfte durch die Geschäftsführung zu einer Mediation
verpflichtet. Das heißt, die anfängliche Präsenz war verpflichtend. Sowohl der
Mediator als auch der Geschäftsführer haben den Teilnehmern jederzeit die
Möglichkeit gelassen, die Mediation ohne Folgen zu verlassen. Außer für einige zusätzliche
Denkpausen, hat niemand die Mediation verlassen.
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Die Ergebnisse
waren überwältigend. Zum einen wurden zahlreiche kleinere Prozessstörungen ad
hoc ausgeräumt, zum anderen wurde deutlich, wie wichtig es für die Mitarbeiter war,
dass die Führungskräfte ihre Autorität wahrnehmen, Grenzen setzten und Entscheidungen treffen! Letztlich erreichten
Mitarbeiter und Geschäftsführung, was sie beide wollten: ein sicheres und eigenverantwortlicheres arbeiten
der Mitarbeiter.
Darf ich als
Führungskraft eine Mediation anordnen? Wie kann ich, wenn ich als Mediator z.B. durch die Medien von einem Konflikt erfahre, der Geschäftsführung meine Leistungen anbieten? Es ist interessant zu sehen, wie sehr eine respektvolle und wertschätzende
Führung Autoritäten „verschafft“ und den Prozess unterstützt, und wie sehr eine
administrative Führung Teams und Organisationen hindert, vorgesetzte Autoritäten
und Führungskräfte anzuerkennen und ihnen zu folgen. Dieses Wissen bietet erhebliche Akquisepotentiale.
Wie Sie als
Mediator diese und ähnliche Fälle gewinnen, und wie Sie Ihre Fähigkeiten und Leistungen
als Mediator im Kontext betrieblicher Organisations-, Team- und
Führungskräfteentwicklung einsetzen können, erfahren Sie in unserem
Praxis-Workshop „Verkaufen für Mediatoren“.
Thomas Reich